Internationale Zuständigkeit

Die internationale Zuständigkeit beschreibt die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit der Gerichte verschiedener Staaten und ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.

Für Ehesachen ergibt sich in erster Linie die internationale Entscheidungszuständigkeit der deutschen Gerichte nach der Verordnung (EUG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000. Die Kompetenz der EU zum Erlass der Verordnung beruht auf Art. 65 c) EG, was nunmehr dem Art. 81 Abs. 2 a ) AEUV entspricht. Die für die Verordnung benutzten Abkürzungen sind leider uneinheitlich, so sind z.B. die Bezeichnungen Brüssel IIa –VO und auch EheVO II gebräuchlich. Die nachfolgende Darstellung verwendet einheitlich die Abkürzung EuEheVO, da diese am deutlichsten den Gemeinschaftsbezug und inhaltlichen Bezug zum Eherecht aufweist.

Die VO ist unter Berücksichtigung der dem Verordnungstext vorangestellten Erwägungsgründe autonom auszulegen. Die VO wird durch das Gesetz zur Aus- und Durchführung bestimmter Instrumente auf dem Gebiet des internationalen Familienrechts vom 26.1.2005, dem IntFamRVG ergänzt.

Bei Zweifeln zur Auslegung und Gültigkeit der VO können Familiengerichte und Oberlandesgerichte gemäß Art. 267 Abs. 1 b), Abs. 2 AEUV dem EuGH vorlegen, der BGH muss hingegen bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV dem EuGH vorlegen.

Die EuEheVO hat die VO (EG) Nr. 1347/2000 (Brüssel II) abgelöst. Die EuEheVO gilt mit Ausnahme Dänemarks für alle Mitgliedstaaten der EU einschließlich der seit dem Jahre 2004 neu beigetretenen weiteren 12 Staaten. Die Besonderheit der EuEheVO besteht u.a. darin, dass sich ihre Zuständigkeitsregelungen gerade nicht auf reine Binnenmarktsehen beschränken, sondern potentiell Angehörige jedes Staates auch außerhalb der EU in deren räumlich-persönlichen Anwendungsbereich fallen, sobald ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat hat oder Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaates ist.

§ 97 Abs. 1 FamFG normiert auch für das Familienverfahrensrecht, dass Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen dem innerstaatlichen Recht vorgehen, wenn sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind.

Bilaterale oder multilaterale Verträge bestehen hingegen für die internationale Zuständigkeit in Scheidungssachen nicht.

Die EuEheVO hat die VO (EG) Nr. 1347/2000 (Brüssel II) abgelöst. Die EuEheVO gilt mit Ausnahme Dänemarks für alle Mitgliedstaaten der EU einschließlich der seit dem Jahre 2004 neu beigetretenen weiteren 12 Staaten. Die Besonderheit der EuEheVO besteht u.a. darin, dass sich ihre Zuständigkeitsregelungen nicht auf reine Binnenmarktsehen beschränken, sondern potentiell Angehörige jedes Staates auch außerhalb der EU in deren räumlich-persönlichen Anwendungsbereich fallen, sobald ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat hat oder Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaates ist.

1. Anwendungsbereich der EuEheVO

Seit dem 01.03.2005 sind die Normen der EuEheVO gemäß Art. 72 Abs. 2 EuEheVO maßgeblich. Der gegenständliche Anwendungsbereich betrifft nach dem Wortlaut der VO u.a. Verfahren auf Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe. Nach den Begriffen des deutschen Prozessrechts handelt es sich dabei um Ehesachen i.S.d. § 121 FamFG, ausgenommen Klagen auf Herstellung des ehelichen Lebens (Art. 1 Abs. 1 a) EuEheVO lit. a VO). Erfasst werden somit Scheidungsverfahren wie auch Eheaufhebungsverfahren. Letztere unterfallen dem im Wortlaut der VO verwendeten Begriff »Ungültigerklärung einer Ehe«. Diesem Begriff sind bei sinnorientierter Auslegung auch Verfahren auf Feststellung des Nichtbestehens der Ehe (§ 121 Nr. 3 FamFG) zuzuordnen. Für dahin gehende Anträge ist gem. § 256 Abs. 1 ZPO ein besonderes Rechtsschutzinteresse erforderlich, das nur dann gegeben ist, wenn der Anschein einer Ehe besteht; die Feststellung des Nichtbestehens ist damit ebenfalls als Ungültigerklärung zu qualifizieren.

Verfahren auf »Trennung ohne Auflösung des Ehebandes« sind dem deutschen Prozessrecht an sich fremd. Wenn jedoch nach dem anwendbaren fremden Sachrecht ein solcher Ausspruch vorgesehen ist, ist ein dahin gehendes Verfahren zulässig. Die EuEheVO ist hierauf anwendbar.

Die EuEheVO erfasst nicht Scheidungsverfahren, die nicht vor einem Gericht oder einer Behörde erfolgen wie z.B. Privatscheidungen oder kirchliche Entscheidungen.

Des Weiteren werden gem. Art. 1 Abs. 1 lit. b) EuEheVO Verfahren erfasst, die die Zuweisung, die Ausübung, die Übertragung sowie die vollständige oder teilweise Entziehung der elterlichen Verantwortung betreffen.

Nicht erfasst werden alle anderen Familiensachen (Versorgungsausgleich, Unterhalt, Güterrecht, Ehewohnung, Hausratsteilung). Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften werden von der VO ebenfalls nicht erfasst. Die internationale Zuständigkeit in diesen Fällen richtet sich nach dem autonomen Recht, also nach § 103 FamFG.

Der sachliche Anwendungsbereich betrifft die internationale Zuständigkeit für die genannten Verfahren (Art 3–18, 20 EuEheVO), die Frage des Vorrangs anderweitiger Rechtshängigkeit in Verfahren dieser Art (Art 19 EuEheVO) sowie die Anerkennung (Art 21–27, 37–39, 52 EuEheVO) und Vollstreckung (Art 28 ff. EuEheVO) von in diesen Verfahren ergangenen Entscheidungen.

Die kollisionsrechtliche Frage des in den genannten Verfahren anzuwendenden materiellen Rechts fällt bislang nicht in den Anwendungsbereich der EuEheVO, sondern richtet sich nach der Rom III-VO.

Der räumlich-persönliche Anwendungsbereich ergibt sich zunächst aus Art. 3 EuEheVO. Von dieser Vorschrift hat das deutsche Familiengericht ausnahmslos auszugehen: Führt eine der dort bereit gestellten Anknüpfungen zur Zuständigkeit eines deutschen Gerichts, erübrigt sich jede weitere Prüfung.

Führt die Anknüpfung in Art. 3 EuEheVO nicht zur deutschen Gerichtsbarkeit, sondern zur Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats oder zu keiner Zuständigkeit in einem der Mitgliedstaaten, ist zusätzlich Art 6 EuEheVO zu prüfen. Danach ist abzustellen auf die Person des Antragsgegners: Hat dieser seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats, wobei es auf seine Staatsangehörigkeit nicht ankommt, oder ist er Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats – anstelle der britischen und irischen Staatsangehörigkeit ist das »domicile«  im Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs (Großbritannien) oder Irlands maßgeblich –, ist zur internationalen Zuständigkeit (bzw. Unzuständigkeit) ausschließlich die EuEheVO anzuwenden. Insoweit wird die innerstaatliche Regelung des § 98 Abs. 1 FamFG verdrängt und darf nicht ersatzweise herangezogen werden.

Lediglich wenn der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat sowie nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist oder sein »domicile« nicht in Großbritannien oder Irland hat und sich aus den Regelungen in Art 3 bis 5 EuEheVO keine Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt, ist § 98 Abs. 1 FamFG weiter anwendbar (Art. 7 VO EuEheVO).

2. Art 3 EuEheVO als Kollisionsnorm für die internationale Zuständigkeit

Die Vorschrift ist wegen ihres Vorrangs als supranationale Regelung (vgl. § 97 Abs. 1 FamFG) in jeder Ehesache mit Auslandsbezug vorab zu prüfen, also auch dann, wenn ein Ausländer beteiligt ist, der keinem Mitgliedstaat angehört, oder ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Nicht-Mitgliedstaat hat. Art. 3 EuEheVO enthält damit eine grundsätzlich abschließende Regelung, so dass ein Rückgriff auf § 98 FamFG nur nach Maßgabe der Art. 6, 7 EuEheVO möglich ist.

Die Norm enthält in Abs. 1 lit. a) und b) insgesamt 7 Anknüpfungspunkte. Diese sind untereinander gleichwertig, also alternativ anwendbar, so dass keine Stufenleiterprüfung zu erfolgen hat. Liegt eine der Alternativen vor, ist die internationale Zuständigkeit gegeben.

Da die Anknüpfungspunkte untereinander gleichwertig sind, können im Einzelfall mehrere zutreffen und ggf. zur gleichzeitigen, d.h. auch konkurrierenden Zuständigkeit mehrerer Mitgliedstaaten führen. Der Antragsteller hat also freie Wahl, bei welchem von mehreren international zuständigen Gerichten er Scheidungsantrag stellt. Die Konkurrenz bei gleichzeitiger Zuständigkeit mehrerer  Gerichte unterschiedlicher Mitgliedstaaten löst sich über die Regelung des Art 19 i.V.m. 16 EuEheVO, wonach bei mehrfacher Rechtshängigkeit der Vorrang der zeitlich früheren Anrufung des Gerichts gilt.

Art. 3 knüpft überwiegend an den gewöhnlichen Aufenthalt beider oder eines Ehegatten an. Die EuEheVO definiert den Begriff allerdings nicht. Er ist autonom nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes muss nicht mit dem ständigen Wohnsitz zusammenfallen,  sondern bezeichnet den Ort, an dem die betreffende Person ihren gewählten Daseinsmittelpunkt, den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse in familiärer und beruflicher Hinsicht hat. Gerade im Hinblick auf die Eröffnung sieben alternativer Gerichtsstände und die Gefahr konkurrierender Zuständigkeiten kann eine Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes mitunter schwierig sein (z.B. Gastarbeiter, Pendler). Im Einzelfall ist also zu prüfen, an welchem Ort die betreffende Person am ehesten in ein soziales und familiäres Umfeld integriert ist.

Gemeinsame Staatsangehörigkeit (Abs. 1 lit. b)

Sind beide Ehegatten deutsche Staatsangehörige, ist unabhängig von ihrem gewöhnlichen Aufenthalt stets die internationale Zuständigkeit in Deutschland gegeben. Die Anknüpfung an das »domicile« im Falle Großbritanniens und Irlands bedeutet lediglich, dass für die Gerichte in Großbritannien und Irland anstelle der Staatsangehörigkeit das »domicile« maßgebend ist. Diese Frage ist mithin für die internationale Zuständigkeit in Deutschland unerheblich, hier ist nur das Vorliegen der deutschen Staatsangehörigkeit relevant. Bei Mehrstaatern reicht auch eine gemeinsame nicht-effektive Staatsangehörigkeit aus. Weder mit dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 lit b, noch dem Ziel der Gewährleistung des freien Personenverkehrs ist es zu vereinbaren, die Zuständigkeit bei Doppelstaatern nach der effektiven Staatsangehörigkeit auszurichten. Vielmehr kommt den Parteien in diesen Fällen ein Wahlrecht im Hinblick auf das international zuständige Gericht zu.

Beide Ehegatten müssen die gemeinsame Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung besitzen. Eine frühere Staatsangehörigkeit, die aufgegeben worden ist, reicht nicht aus. Zeitpunkt der Antragstellung ist nicht mit Rechtshängigkeit i.S. des deutschen Prozessrechts gleichzusetzen, sondern als »Anrufung« des Gerichts entsprechend der Definition in Art 16 EuEheVO zu verstehen.

Gewöhnlicher Aufenthalt des Antragsgegners (Abs. 1 lit. a) Strich 1 und 3)

Die Anknüpfung in Abs. 1 lit. a) Strich 1 hat keine eigenständige Bedeutung neben Abs. 1 lit. a) Strich 3:  In beiden Fällen ist letztlich anzuknüpfen an den gewöhnlichen Aufenthalt des Antragsgegners. Der Antragsgegner muss den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland zum Zeitpunkt der Antragstellung haben. Der gewöhnliche Aufenthalt des Antragsgegners ist auch in den Fällen von Abs. 1 lit. a) Strich 2 und 4 ausreichend für die Bejahung der internationalen Zuständigkeit. Der gewöhnliche Aufenthalt des Antragsgegners im Inland reicht immer aus.

Gewöhnlicher Aufenthalt des Antragstellers (Abs. 1 lit a) Strich 2, 4–6)

Der gewöhnliche Aufenthalt des Antragstellers im Inland kann in den Alternativen Abs. 1 lit. a) Strich 2, 4–6 EuEheVO zur Begründung der internationalen Zuständigkeit führen:

Dies ist einmal der Fall, wenn die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat – zur Annahme der deutschen internationalen Zuständigkeit also in Deutschland – hatten und der Antragsteller dort zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch hat (Abs. 1 lit a) Strich 2).

Zum anderen ist dies der Fall bei gemeinsamer Antragstellung durch beide Ehegatten (Abs. 1 lit. a) Strich 4); zu einem »gemeinsamen Antrag« i.S.d. Vorschrift reicht es aus, wenn der Antragsgegner dem Scheidungsantrag persönlich zustimmt.  Dies muss nicht gleichzeitig geschehen; mit dem Eingang des gleichlautenden Antrags des Antragsgegners oder seiner Zustimmungserklärung bei Gericht ist die internationale Zuständigkeit gegeben.

Der gewöhnliche Aufenthalt des Antragstellers begründet ohne weitere Umstände die internationale Zuständigkeit dann, wenn dieser Aufenthalt im Inland seit einem Jahr unmittelbar vor der Antragstellung vorliegt (Abs. 1 lit. a) Strich 5).

Ein gewöhnlicher Aufenthalt des Antragstellers im Inland von weniger als einem Jahr, aber seit mindestens 6 Monaten ist ausreichend, wenn der Antragsteller deutscher Staatsangehöriger ist (Abs. 1 lit. a) Strich 6). Die Vorschrift dürfte gegen das in Art. 18 AEUV verankerte Diskriminierungsverbot verstoßen, da ohne sachlichen Grund den Angehörigen des Gerichtsstaates ein Gerichtsstand in ihrem Heimatland um 6 Monate schneller eröffnet wird als anderen Unionsbürgern, die nicht Angehörige des Gerichtsstaates sind.

Für den deutschen Ehegatten in einer gemischt-nationalen Ehe, der die Scheidung in Deutschland betreiben will, bedeutet dies, dass seine deutsche Staatsangehörigkeit zur Begründung der Zuständigkeit des deutschen Familiengerichts alleine nicht ausreicht: Wenn kein gemeinsamer Antrag gestellt wird und die Ehegatten auch ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland hatten, der Antragsgegner hingegen Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat hat, ist die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts erst dann gegeben, wenn der deutsche Antragsteller seit mindestens 6 Monaten unmittelbar vor der Antragstellung seinen Aufenthalt im Inland hatte.

3. Gegenantrag – Art. 4 EuEheVO

Art. 4 begründet eine außerordentliche Zuständigkeit auch für einen Gegenantrag bei dem nach Art. 3 zuständigen Gericht des Erstantrages.

Die Vorschrift dient in erster Linie der Vermeidung doppelter Rechtshängigkeit und der in diesen Fällen aus Art. 19 Abs. 1 folgenden Aussetzungspflicht. Unter Gegenantrag sind alle in den Bereich des Art. 1 Abs. 1 lit. a) EuEheVO fallenden Anträge zu verstehen, also Anträge, die auf einen abweichenden Scheidungs- oder Trennungsgrund, Nichtigkeits- oder Aufhebungsgrund gestützt sind. Möglich ist auch ein gleichartiger Scheidungsantrag, der auf denselben Scheidungsgrund gestützt ist.

4. Umwandlung einer Trennung in eine Ehescheidung – Art. 5 EuEheVO

Hat ein Gericht eines Mitgliedstaates über eine Trennung ohne Auflösung des Ehebandes entschieden, ist dieses auch für die sich anschließende Scheidung oder Umwandlung der Trennung in eine Scheidung zuständig, wenn dies nach dem Recht des Mitgliedstaates vorgesehen ist. Ab dem 21.6.2012 können deutsche Gerichte gemäß Art. 1, 5, 9 VO (EU) Nr. 1259/2010 des Rates v. 20.12.2010 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts  - Rom III-VO - aufgrund anwendbaren ausländischen Sachrechts auch Ehetrennungen aussprechen.

Sofern sich die Zuständigkeit nicht schon aus Art. 3 EuEheVO ergibt, eröffnet Art. 5 EuEheVO die Zuständigkeit auch in den Fällen, in denen das Gericht zuvor für die Trennungsentscheidung nach Art. 3 EuEheVO zuständig war, sich aber aktuell für die Scheidung keine Zuständigkeit mehr aus Art. 3 EuEheVO ergibt.

5. Restzuständigkeiten – Art 6, 7 EuEheVO

Aus dem räumlich-persönlichen Anwendungsbereich der EuEheVO ergibt sich das Problem, inwieweit Vorschriften des autonomen, nationalen Kollisionsrechts – hier also § 98 Abs. 1 FamFG – für solche Fälle, in welchen eine Zuständigkeit der inländischen Gerichtsbarkeit nach Art 3 bis 5 EuEheVO nicht bejaht werden kann, noch anwendbar bleiben. Denn soweit ein Ausschluss autonomer Vorschriften greift, ist eine inländische Gerichtsbarkeit nicht gegeben. Die Lösung des Problems der partiell verbliebenen Anwendbarkeit von § 98 Abs. 1 FamFG (»Restzuständigkeiten«) ergibt sich aus dem Zusammenhang der in ihrem Wortlaut schwer verständlichen Regelungen in Art 6 und 7 EuEheVO. Danach ist nicht immer, wenn über Art 3 bis 5 EuEheVO kein inländischer Gerichtsstand gegeben ist, auf § 98 Abs. 1 FamFG zurückzugreifen. Letzteres ist nur in bestimmten durch Art 6 EuEheVO abgegrenzten Fällen möglich. Deshalb ist Art. 6 stets vor Art. 7 zu prüfen, auch wenn dies aus dem Text des Art 7 nicht direkt ersichtlich ist:

Art 6 EuEheVO verbietet jedem Mitgliedstaat die Bejahung seiner internationalen Zuständigkeit, wenn sich diese nicht aus Art 3 bis 5 EuEheVO ergibt und der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat hat (lit a) oder Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats ist bzw. sein domicile in Großbritannien oder Irland hat (lit b). Der Weg zu den inländischen Gerichten ist dann nicht eröffnet. Dies gilt insbesondere auch, wenn der Antragsteller deutscher Staatsangehöriger ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch keine sechs Monate in Deutschland hat (vgl. Art 2 Abs. 1 lit. a) Strich 6 EuEheVO).

Nur soweit die Sperrwirkung des Art 6 nicht greift, ist über Art 7 Abs. 1 EuEheVO der Weg zur Heranziehung des § 98 Abs. 1 FamFG frei – sog. Restzuständigkeit.

6. Autonomes Recht

Nur im Rahmen der in Art 7 i.V.m. 6 EuEheVO normierten »Restzuständigkeit« ist § 98 Abs. 1 FamFG Rechtsgrundlage zur Feststellung der internationalen Zuständigkeit. Nr. 1 bis 3 der Vorschrift erschließen sich unschwer aus dem Gesetzeswortlaut.

Schwierigkeiten machen Fälle der Nr. 4, wenn also keiner der Ehegatten Deutscher ist und nur einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. In diesen Fällen muss zusätzlich anzunehmen sein, dass die in Deutschland ergehende Scheidung nach dem Heimatrecht zumindest eines der Ehegatten anerkannt wird. Es ist mithin eine Prüfung des betreffenden ausländischen Anerkennungsrechts erforderlich (Anerkennungsprognose). Lässt sich dabei keine oder eine nur zweifelhafte Feststellung zur mangelnden Anerkennungsfähigkeit treffen, steht dies – wie aus dem Wort »offensichtlich« im Text der Vorschrift abzuleiten ist – der inländischen Zuständigkeit nicht entgegen.  Wenn jedoch die Anerkennungsfrage eindeutig zu verneinen ist, muss auch die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit verneint werden; die Scheidung durch ein deutsches Gericht ist dann nicht möglich.

Eine Scheidung im Inland ist nie möglich, wenn beide Eheleute Ausländer sind und keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.