Kindesentführung

Verbringt ein Elternteil gegen oder ohne den Willen des anderen, sorgeberechtigten Elternteils (denkbar auch sorgeberechtigte andere Person oder Behörde) ein Kind in einen anderen Staat oder wird das Kind dort widerrechtlich zurückgehalten, liegt ein Fall internationaler Kindesentführung vor. Der nicht entführende Elternteil wird hierdurch in der Ausübung seines ihm zustehenden (Mit-)Sorgerechts verletzt. Das Ziel der rechtlichen Behandlung internationaler Kindesentführungsfälle besteht darin, den ursprünglichen Zustand vor Entführung (Status quo ante) wieder herzustellen. Dies wird durch schnellstmögliche Rückführung des entführten Kindes in den Herkunftsstaat erreicht. Die Umsetzung dieses Ziels erfordert die Einschaltung bzw. Zusammenarbeit von Anwälten, Richtern, Jugendämtern und Sozialdiensten sowohl im Herkunftsstaat als auch im Entführungsstaat. Mehrere internationale Übereinkommen versuchen, die erforderliche Zusammenarbeit von Behörden und Ämtern des Herkunftsstaates und des Entführungsstaates im Wege der internationalen Rechtshilfe zu ermöglichen.

Die nachfolgende Darstellung stellt im Schwerpunkt die Anwendung des HKÜ bei Kindesentführungsfällen dar. Am Ende wird die Rechtslage für Entführungsfälle dargestellt, in denen die Kinder in Nichtvertragsstaaten des HKÜ oder des EuSÜ verbracht werden.

1. Gesetzeslage im Überblick

a) Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ)

Das HKÜ ist für die Bundesrepublik Deutschland am 01.12.1990 in Kraft getreten. Art. 1 des HKÜ stellt zwei Ziele in den Vordergrund, zum einen die sofortige Rückgabe widerrechtlich in einen Vertragsstaat verbrachter oder dort zurückgehaltener Kinder (Art. 1a HKÜ) und zum anderen die Gewährleistung, dass das in einem Vertragsstaat bestehende Sorgerecht und Recht zum persönlichen Umgang in anderen Vertragsstaaten tatsächlich beachtet wird (Art. 1a HKÜ). Die Achtung des in einem Vertragsstaat bestehenden Sorgerechts und Recht zum persönlichen Umgang wären nicht gewährleistet, wenn bei widerrechtlicher Verbringung in einen anderen Vertragsstaat nicht die sofortige Rückführung ermöglicht würde und durch einen verlängerten, widerrechtlichen Aufenthalt der Kinder Fakten in Bezug auf das nach dem Ursprungsstaat bestehende Sorgerecht geschaffen würden. Leitgedanke ist hierbei das Kindeswohl, dem nach der Zielsetzung des HKÜ durch eine sofortige Rückführung des entführten Kindes am besten entsprochen wird. Die Rückführung des entführten Kindes gem. Art. 12 HKÜ ist demnach der Regelfall, Ausnahmen sind in Art. 13 und Art. 20 HKÜ beschrieben (diese sind allerdings restriktiv auszulegen).  Die Beachtung des Kindeswohls durch eine sofortige Rückführung des entführten Kindes stellt das HKÜ sicher, indem es die mit der Rückführung befassten Gerichte oder Verwaltungsbehörden gem. Art. 11 Abs. 1 HKÜ anhält, das schnellstmögliche Verfahren zu wählen.

Mehr als 70 Staaten zählen mittlerweile zu den Vertragsstaaten des HKÜ.  Das HKÜ nimmt demnach bei der Bearbeitung von Kindesentführungsfällen vorrangige Bedeutung ein.

b) EuEheVO

Die Brüssel IIa-Verordnung ersetzt das HKÜ nicht, sondern ergänzt es lediglich. Während Art. 11 Abs. 1 HKÜ die mit der Rückführung befassten Gerichte und Behörden der Vertragsstaaten anhält, mit der gebotenen Eile zu handeln, hält Art. 11 Abs. 3 EuEheVO die Gerichte nicht nur zur Heranziehung des zügigsten Verfahrens des nationalen Rechtes an, sondern schreibt vor, dass das Gericht seine Anordnung spätestens sechs Wochen nach seiner Befassung mit dem Antrag erlässt, es sei denn, außergewöhnliche Umstände rechtfertigen die Verzögerung. Sofern entführte Kinder demnach ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat hatten und in einem anderen Mitgliedstaat der EuEheVO widerrechtlich verbracht oder dort zurückgehalten wurden, ergänzt Art. 11 die Bestimmungen des HKÜ.

Art. 10 EuEheVO hält die Zuständigkeit der Gerichte des Herkunftsstaates in allen Fragen der elterlichen Verantwortung aufrecht, solange das Kind nicht einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat erlangt hat (wozu allerdings noch weitere Voraussetzungen hinzutreten müssen; vgl. Art. 10a sowie Art. 10b EuEheVO).

c) MSA

Sind Herkunftsstaat und Zufluchtsstaat sowohl Vertragsparteien des MSA als auch des HKÜ, geht das HKÜ gem. Art. 34 HKÜ im Rahmen seines sachlichen Anwendungsbereiches dem MSA vor. Das MSA wird den spezifischen Regelungsanforderungen im Falle der Kindesentführung nicht gerecht .

d) Europäisches Sorgerechtsübereinkommen (EuSÜ)

Das Europäische Sorgerechtsübereinkommen bezweckt, die in einem Vertragsstaat ergangene Entscheidung über die Personensorge, das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder das Umgangsrecht für Kinder unter 16 Jahren in jedem anderen Vertragsstaat zur Anerkennung zu bringen und ggf. dort für vollstreckbar erklären zu lassen (Art. 7 EuSÜ). Während das HKÜ auch ohne eine entsprechende Entscheidung anwendbar ist, setzt das EuSÜ eine ausländische gerichtliche oder behördliche Sorge- oder Umgangsrechtsentscheidung voraus. Die Gemeinsamkeit zwischen EuSÜ und HKÜ besteht darin, dass es in seinem persönlichen Anwendungsbereich auf Kinder beschränkt ist, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Das Europäische Sorgerechtsübereinkommen ist im Verhältnis zu den Mitgliedsstaaten der EuEheVO gem. Art. 60d EuEheVO nachrangig.

e) Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz (IntFamRVG)

Das IntFamRVG stellt die für das HKÜ, das EuSÜ sowie die EuEheVO erforderlichen innerstaatlichen Durchführungsbestimmungen zur Verfügung.

f) KSÜ

Im Verhältnis der Vertragsstaaten beider Übereinkommen bleiben gem. Art. 50 KSÜ die Bestimmungen des HKÜ unberührt. Gem. Art. 50 Satz 2 KSÜ ist eine Berufung auf Bestimmungen des KSÜ in Entführungsfällen zusätzlich möglich.

2. Rückführung von Kindern nach dem HKÜ/Anwendungsbereich

a) Personeller Anwendungsbereich

Gem. Art. 4 Satz 2 HKÜ ist das HKÜ auf Kinder anwendbar, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

b) Räumlicher Anwendungsbereich

Das HKÜ gilt nur im Verhältnis zu den Vertragsstaaten, d.h., dass sowohl der Heimatstaat als auch der Zufluchtsstaat Vertragsstaaten des HKÜ sein müssen.

Die Definition des gewöhnlichen Aufenthaltes ist im HKÜ sowie den anderen Haager Übereinkommen einheitlich. Der gewöhnliche Aufenthalt eines minderjährigen Kindes ist an dem Ort, an dem sich der tatsächliche Lebensmittelpunkt, der Daseinsschwerpunkt des Kindes befindet. Grundsätzlich ist hierfür eine gewisse Verweildauer erforderlich, ferner müssen Beziehungen familiärer oder auch beruflicher Art hinzukommen, die den Schwerpunkt der persönlichen Bindungen der betreffenden Person ausmachen.

Allerdings ist umstritten, ob es für die Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthalts auf den Willen und die Sicht ausschließlich des Kindes oder nur des Sorgeberechtigten ankommt.  So sind beispielsweise nach OLG Schleswig  besonders jüngere Kinder in der Wohnsitznahme und der Lebensplanung ihrer Eltern abhängig, da die gesamte Lebensausrichtung stärker an die Umstände der sorgeberechtigten Eltern gebunden seien als bei größeren Kindern. In einem vom OLG Frankfurt zu entscheidenden Fall gelangte der Senat zu der Auffassung, dass das betroffene Kind sowohl in Spanien als auch in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe, da die Eltern mit dem Kind in der Vergangenheit wechselnd in Deutschland und in Spanien lebten und das Kind sowohl den Kindergarten in Deutschland als auch die Vorschule in Spanien besuchte, je nachdem, wo die Eltern sich gerade aufhielten. Dementsprechend wurde das Begehren der Kindesmutter auf Rückführung aus Spanien nach Deutschland zurückgewiesen.

Die vorstehenden Beispiele verdeutlichen, dass je nach Fallkonstellation, insbesondere aufgrund zunehmender internationaler Mobilität der Menschen, auf die Prüfung des gewöhnlichen Aufenthaltes des minderjährigen Kindes ein besonderes Augenmerk zu richten ist. So hat beispielsweise das AG Nürnberg mit ausführlicher Begründung bei Grenzpendlern trotz Wohnsitzverlegung nach Frankreich den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in Deutschland angenommen, da die Wohnsitzverlegung ausschließlich aus steuerlichen Gründen erfolgte und konkrete Eingliederungsversuche in Frankreich nicht vorgenommen wurden.

c) Sachlicher Anwendungsbereich

Gemäß Art. 1a HKÜ soll die sofortige Rückgabe widerrechtlich in einen Vertragsstaat verbrachter oder dort zurückgehaltener Kinder sichergestellt werden. Es soll der Zustand vor Entführung schnellstmöglich wiederhergestellt und vermieden werden, dass sich eine ursprünglich widerrechtliche Situation, die durch das Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes hervorgerufen wurde, rechtlich verfestigt.

  • Verbringen oder Zurückhalten des Kindes: Verbringen meint die Herausnahme des Kindes aus seinem bisherigen, gewöhnlichen Lebensumfeld, wo es sich in der Obhut einer Person befand, die ihm gegenüber rechtmäßig ein Sorgerecht ausübte. Dem Verbringen ist das Zurückhalten gleichgestellt, worunter die Weigerung zu verstehen ist, das Kind nach einem Auslandsaufenthalt wieder der Person zurückzuführen, die das Sorgerecht am bisherigen gewöhnlichen Lebensmittelpunkt des Kindes ausübte.
  • Widerrechtlichkeit der Verbringung oder Zurückhaltung des Kindes: Das Verbringen oder Zurückhalten des Kindes ist widerrechtlich, wenn das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person, einer Behörde oder sonstigen Stelle alleine oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Art. 3 Abs. 1a HKÜ). Unter den Begriff des Sorgerechts fällt die Personensorge oder auch Teile der Personensorge einschließlich der damit verbundenen Pflichten und Verantwortung, insbesondere das Aufenthaltsbestimmungsrecht (Art. 5a HKÜ) . Die Ausübung der Vermögenssorge schützt das HKÜ nicht. Üben die Eltern das Sorgerecht gemeinsam aus, ist Widerrechtlichkeit des Verbringens oder Zurückhaltens gegeben, wenn der mitsorgeberechtigte Elternteil auch tatsächlich sein Sorgerecht ausübt . Widerrechtlichkeit liegt damit auch dann vor, wenn der mitsorgeberechtigte Elternteil »weniger an elterlicher Sorge« ausübt als der andere Elternteil, z.B. weil er lediglich ein Mitspracherecht in wichtigen Fragen der Personensorge oder der Aufenthaltsbestimmung hat . Das Recht zum persönlichen Umgang (Art. 5b HKÜ) ist Teil des den Eltern vorrangig zustehenden Sorgerechts und wird vom Schutzbereich des HKÜ umfasst. Das Umgangsrecht anderer Bezugspersonen wie z.B. der Großeltern wird nicht durch das HKÜ geschützt . Widerrechtlichkeit ist allerdings nur gegeben, wenn das verletzte Sorgerecht zum Zeitpunkt der Entführung bzw. des Zurückhaltens bereits bestanden hat. Die nachträgliche Einräumung des Sorgerechts würde zu einer nachträglichen Verletzung und damit nachträglichen Widerrechtlichkeit führen und genügt im Sinne des HKÜ deshalb nicht . Der die Rückführung des Kindes beantragende Elternteil muss demnach die Widerrechtlichkeit des Verbringens oder Zurückhaltens des Kindes in einen Vertragsstaat vortragen, was den Nachweis des Bestehens eines Sorgerechts nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes im Herkunftsstaat voraussetzt. Art. 14 und Art. 15 HKÜ (Widerrechtlichkeitsbescheinigung) erleichtern den Nachweis des Sorgerechts nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts. Gemäß Art. 14 können die Gerichte und Verwaltungsbehörden, die die Widerrechtlichkeit im Sinne des Art. 3 HKÜ festzustellen haben, das im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes geltende Recht und gerichtliche oder behördliche Entscheidungen unabhängig davon, ob diese bereits förmlich anerkannt sind, unmittelbar berücksichtigen. Um zu verhindern, dass eine Verfahrensverzögerung aufgrund der Schwierigkeiten entsteht, das Bestehen des Sorgerechts festzustellen, brauchen die mit dem Fall befassten Gerichte und Behörden die besonderen Verfahren zum Nachweis dieses Rechts oder zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen nicht einzuhalten. Sofern Art. 14 bzw. Art. 3 HKÜ auf das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt verweisen, handelt es sich um eine Gesamtverweisung unter Einschluss des IPR sowie des interlokalen und interpersonellen Rechts . Selbstverständlich kann sich das Bestehen des Sorgerechts auch aufgrund einer nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts wirksamen Vereinbarung über das Sorgerecht ergeben.

Widerrechtlichkeit ist nicht gegeben, wenn entgegen Art. 3 Abs. 1b HKÜ das Sorgerecht des von der Entführung betroffenen Elternteils tatsächlich nicht ausgeübt wurde. Das Übereinkommen baut allerdings auf der unausgesprochenen Vermutung auf, dass Personen, denen die elterliche Sorge zusteht, diese auch tatsächlich ausüben . Demnach übt auch bei getrennt lebenden Eltern der Elternteil die elterliche Sorge tatsächlich aus, bei dem das Kind nicht wohnt, solange er Kontakt zu dem Kind hält.

3. Rückführungsverfahren

Nachfolgend wird das Verfahren nach dem HKÜ dargestellt, wenn eine Entführung in die Bundesrepublik Deutschland erfolgt oder ein Kind widerrechtlich aus der Bundesrepublik Deutschland in einen anderen Vertragsstaat verbracht wird.

a) Zuständigkeit

Um den unterschiedlichen Rechtssystemen der einzelnen Vertragsstaaten gerecht zu werden, sieht das HKÜ allgemein die Zuständigkeit von »Gerichten oder Behörden« vor. Für die Bundesrepublik Deutschland ist der ordentliche Gerichtsweg gegeben. Grundsätzlich sind die Gerichte oder Behörden des Entführungsstaates für die Anordnung der sofortigen Rückgabe des Kindes international zuständig.

Die generelle sachliche Zuständigkeit für das Rückführungsverfahren nach dem HKÜ ergibt sich aus § 12 Abs. 1 IntFamRVG, wonach das Familiengericht zuständig ist, in dessen Bezirk ein OLG seinen Sitz hat. Gemäß § 12 Abs. 2 IntFamRVG entscheidet im Bezirk des KG das Familiengericht Berlin-Pankow/Weißensee. Gemäß § 11 Nr. 1 IntFamRVG ist das Familiengericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Kind im Zeitpunkt des Antragseingangs bei der Zentralen Behörde seinen tatsächlichen Aufenthalt hat. Falls ein Antrag bei der Zentralen Behörde nicht eingeht, ist gem. § 11 Nr. 2 IntFamRVG das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Fürsorgebedürfnis besteht.

b) Verfahrensbeteiligte

Antragsberechtigt ist die Person, Behörde oder sonstige Stelle, die geltend macht, dass ihr nach der Rechtsordnung des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes unmittelbar zum Zeitpunkt vor der widerrechtlichen Verbringung oder Zurückhaltung in die bzw. in der Bundesrepublik Deutschland das Sorgerecht zusteht und dieses auch tatsächlich ausübt (vgl. Art. 8 Abs. 1 HKÜ). Die Antragsberechtigung steht in bestimmten Fällen auch einer Behörde oder sonstigen Stelle zu. Gemäß Art. 8 Abs. 1 HKÜ kann die antragsberechtigte Person den Rückführungsantrag direkt an die zuständige Zentrale Behörde des Landes richten, in dem das Kind unmittelbar vor der widerrechtlichen Verbringung oder Zurückhaltung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Möglich ist auch die Stellung des Rückführungsantrages an die zuständige Zentrale Behörde des Entführungsstaates. Gemäß Art. 10 HKÜ trifft die Zentrale Behörde des Entführungsstaates zunächst alle geeigneten Maßnahmen, um die freiwillige Rückgabe des Kindes zu bewirken. Geht der Antrag bei der Zentralen Behörde des Ursprungsstaates ein, so übermittelt diese den Antrag unverzüglich an die Zentrale Behörde des Entführungsstaates (Art. 9 HKÜ).

In Deutschland ist die zuständige Zentrale Behörde das Bundesamt für Justiz, siehe Rdn. 94.

Antragsgegner ist die Person, in deren Obhut sich das Kind befindet bzw. die Person, von deren Willen die Rückgabe abhängt. Wird ein Kind aus Deutschland widerrechtlich in einen EU-Mitgliedsstaat oder in einen Vertragsstaat des HKÜ entführt bzw. dort zurückgehalten, ist spiegelbildlich zur Entführung in die Bundesrepublik Deutschland ein Antrag bei den Zentralen Behörden gem. Art. 55 Brüssel IIa-Verordnung bzw. gem. Art. 8 nach dem HKÜ zu stellen. Gemäß § 42 Abs. 1 IntFamRVG kann der Antrag auch beim Amtsgericht eingereicht werden, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt, hilfsweise seinen tatsächlichen Aufenthalt hat. Der Vorteil in der Antragstellung über die deutsche Zentrale Behörde besteht darin, dass diese unmittelbar die ausländische Zentrale Behörde einschaltet und in Zusammenarbeit mit dieser auf eine zügige Abwicklung der Rückführung hinwirkt. Selbstverständlich steht es dem betroffenen Elternteil auch offen, direkt einen Antrag, ggf. mit anwaltlicher Vertretung beim zuständigen ausländischen Gericht/Behörde einzureichen (Art. 29 HKÜ).

c) Verfahrensbesonderheit

Das Verfahren nach dem HKÜ soll nur die schnellstmögliche Rückführung des entführten oder widerrechtlich zurückgehaltenen Kindes sicherstellen und keine materiellrechtliche Sorgerechtsentscheidung vorwegnehmen. Dies heißt aber nicht, dass eine Anhörung des betroffenen Kindes generell nicht zu erfolgen hat. Aus Art. 13 Abs. 2 HKÜ ist zu schließen, dass eine Anhörung des Kindes zu erfolgen hat, wenn es ein Alter und eine Reife erreicht hat, die es nahe legen, dass die Meinung des Kindes zu berücksichtigen ist. Gemäß Art. 11 Abs. 2 Brüssel IIa-Verordnung ist sicherzustellen, dass bei Anwendung der Art. 12 und 13 des Haager Übereinkommens das Kind die Möglichkeit hat, während des Verfahrens gehört zu werden, sofern es nicht aufgrund seines Alters oder Reifegrades unangebracht erscheint.

Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz mit Ausnahme der Versagungsgründe nach Art. 13 Abs. 1 HKÜ, die der Darlegungs- und Beweislast des Antragsgegners unterliegen.

Art. 11 Abs. 1 HKÜ erlegt den Gerichten oder Verwaltungsbehörden der Vertragsstaaten auf, mit der gebotenen Eile zu handeln (Beschleunigungsgrundsatz). Art. 11 Abs. 3 EuEheVO konkretisiert den Beschleunigungsgrundsatz dahingehend, dass die Gerichte bzw. Behörden das zügigste Verfahren des nationalen Rechts anzuwenden haben, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen entscheiden, es sei denn, dies ist aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht möglich. Der Beschleunigungsgrundsatz gilt gem. § 40 Abs. 3 IntFamRVG auch für die Beschwerdeinstanz. Bei Verzögerungen über die Zeitgrenze von sechs Wochen hinaus kann der Antragsteller bzw. die Zentrale Behörde eine Darstellung der Gründe für die Verzögerung verlangen (Art. 11 Abs. 2 HKÜ).

d) Eilmaßnahmen während des laufenden Rückführungsverfahrens

Eilmaßnahmen können während des laufenden Rückführungsverfahrens z.B. erforderlich werden, wenn die Gefahr einer Verfahrensvereitelung dahingehend besteht, dass das entführte Kind ein weiteres Mal entführt wird, um den Antrag auf Rückführung tatsächlich zu vermeiden. Ferner ist denkbar, dass ein besonderes Bedürfnis des von der Entführung betroffenen Elternteils auf unverzügliche Herstellung des Umgangs im Entführungsstaat während des laufenden Rückführungsverfahrens hergestellt wird.

Gemäß § 15 IntFamRVG kann das Gericht auf Antrag aber auch von Amts wegen einstweilige Anordnungen treffen wie z.B. die Hinterlegung von Ausweispapieren, die Anordnung eines betreuten Umgangs während des Verfahrens oder Auferlegung von Meldepflichten bis hin zur Grenzsperre.

4. Sachliche Voraussetzungen für die Rückführung

Der sachliche Geltungsbereich des HKÜ ist überhaupt erst eröffnet, wenn der Antragsteller behauptet, dass eine widerrechtliche Verbringung eines minderjährigen Kindes bzw. eine Vorenthaltung gem. Art. 3 HKÜ vorliegen. Die Rückführung setzt damit zunächst voraus, dass die Voraussetzungen nach Art. 3 HKÜ erfüllt sind. Ist zudem seit Eingang des Antrages beim Gericht oder der Verwaltungsbehörde des Vertragsstaates, in dem sich das Kind befindet, eine Frist von weniger als einem Jahr seit dem Verbringen oder Zurückhalten verstrichen, ordnet das Gericht gem. Art. 12 Abs. 1 die sofortige Rückgabe des Kindes an.

Ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 3 HKÜ muss das Gericht oder die Verwaltungsbehörde des ersuchten Vertragsstaates die Rückgabe des Kindes nicht anordnen, wenn Ausschlussgründe gegeben sind: Die Ausschlussgründe des Art. 13 HKÜ stellen Ermessenstatbestände dar, die allerdings restriktiv auszulegen sind . Ziel des Übereinkommens ist die Vereitelung nachteiliger Wirkungen der Kindesentführung auf die ursprünglich bestehende Sorgerechtsregelung, so dass das Gericht von dem nach Art. 13 HKÜ eingeräumten Ermessen zurückhaltend Gebrauch zu machen hat. Art. 13 schreibt der Person, Behörde oder sonstigen Stelle, die sich der Rückgabe des Kindes unter Berufung auf Art. 13 HKÜ widersetzt, ausdrücklich vor, dass das Vorliegen der Ausschlussgründe nach Art. 13 HKÜ »nachzuweisen« ist. Damit wird das Amtsermittlungsprinzip ausgeschlossen.

(1) Der Ausschlussgrund des Art. 13 Abs. 1a liegt vor, wenn die sich der Rückgabe des Kindes widersetzende Person, Behörde oder sonstige Stelle nachweist, dass der Antragsteller das Sorgerecht zur Zeit des Verbringens oder Zurückhaltens tatsächlich nicht ausgeübt hat bzw. dem Verbringen oder Zurückhalten zugestimmt oder dieses nachträglich genehmigt hat.

(2) Der Ausschlussgrund des Art. 13 Abs. 1b liegt vor, wenn nachgewiesen wird, dass das Kind der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens ausgesetzt oder auf andere Weise in eine unzumutbare Situation gebracht wird. Auch diese Ausnahme ist eng auszulegen und setzt voraus, dass der Antragsgegner darlegen und beweisen kann, dass die mit einer Rückgabe des Kindes ohnehin verbundenen Belastungen über die üblichen Umgewöhnungsschwierigkeiten bei der Rückkehr in den Herkunftsstaat hinausgehen.

Aspekte, die für ein Sorgerechtsverfahren relevant sein könnten (z.B. die bessere Erziehungseignung eines Elternteils), haben ebenfalls keine Auswirkung auf die Rückführung, da durch die Rückführung in den Herkunftsstaat erst ermöglicht werden soll, dort ein sorgerechtliches Verfahren durchzuführen. Werden keine besonders erheblichen, konkreten und aktuellen Gefährdungstatbestände, die mit einer Rückführung zwangsläufig ausgelöst würden, vorgetragen, ist die Rückführung auszusprechen. Häufig vorgetragene Ausschlussgründe nach Art. 13 Abs. 1b sind z.B. schlechtere Lebensverhältnisse im Herkunftsstaat,  das Vorliegen eines Haftbefehls gegen den Entführer.  Häufig diskutiert ist auch das Vorliegen des Ausschlussgrundes nach Art. 13 Abs. 1b HKÜ, wenn hierdurch eine Trennung des Kindes von seiner Hauptbezugsperson herbeigeführt wird. Überwiegend handelt es sich um Fälle, in denen die entführten Kinder von ihrer Mutter getrennt würden. Gegen eine Zulassung dieses Ausschlussgrundes spricht, dass es der entführende Elternteil damit in der Hand hätte, die Rückkehr unter Berufung auf seine Rolle als Hauptbezugsperson für das Kind zu verhindern. Die Rechtsprechung nimmt überwiegend an, dass unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles es dem entführenden Elternteil zumutbar ist, mit dem Kind gemeinsam in den Herkunftsstaat zurückzukehren, weil es auf diese Weise nicht zur Trennung von der Hauptbezugsperson kommen muss . Zwangsläufig führt die Situation während eines laufenden Rückführungsverfahrens zu einer Verschärfung der elterlichen Konflikte mit schwerwiegenden Folgen für das entführte Kind, auch was dessen Verhältnis zum nicht entführenden Elternteil angeht. Deshalb stehen die Bemühungen um eine freiwillige Rückgabe des Kindes gem. Art. 10 HKÜ im Vordergrund, um hierdurch eine Konfliktverschärfung möglichst zu vermeiden. Aus dem angloamerikanischen Rechtskreis sind sogenannte »undertakings, safe harbour und mirror orders« als Mittel zur Konfliktverringerung bekannt. Hierbei handelt es sich um Zusicherungen bzw. Erleichterungen an den entführenden Elternteil, wodurch Einwände nach Art. 13 Abs. 1b HKÜ (z.B. Verlust der Hauptbezugsperson) von vornherein entkräftet werden können.  Solche Zusicherungen können beispielsweise den Verzicht auf Einleitung von Strafverfolgungsmaßnahmen gegen den entführenden Elternteil oder die Übernahme von Flugkosten darstellen. Auch eine Umgangsregelung kann hilfreich sein.

In ständiger Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht die Ziele und Regelungen des HKÜ als verfassungsgemäß bestätigt. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass typischerweise mit der Rückführung zusammenhängende Belastungen des Kindes nicht zu berücksichtigen sind, sondern nur ungewöhnlich schwerwiegende Beeinträchtigungen, die den Ausnahmetatbestand des Art. 13 HKÜ begründen.

(3) Der Ausschlussgrund des Art. 13 Abs. 2 HKÜ liegt vor, wenn sich das Kind der Rückgabe widersetzt, soweit es ein Alter und eine Reife erreicht hat, angesichts deren es angebracht erscheint, seine Meinung heranzuziehen. Das Vorliegen dieses Ablehnungsgrundes ist nach dem Amtsermittlungsprinzip festzustellen . Das HKÜ sieht Art. 13 Abs. 2 HKÜ keine starre Altersgrenze vor; es ist allerdings gesichert, dass die Meinung eines Kindes umso beachtlicher wird, je mehr es sich der Altersgrenze von 16 Jahren nach Art. 4 Satz 2 HKÜ nähert . In der deutschen Rechtsprechung wird regelmäßig ab einem Alter von 10 Jahren angenommen, dass ein Kind ein entsprechendes Alter sowie eine Reife hat, um seine Meinung heranzuziehen . Sofern sich das Kind gegen die Rückkehr mit der Begründung weigert, dass es beim entführenden Elternteil bleiben möchte, liegt kein Hinderungsgrund des Art. 13 Abs. 2 HKÜ vor. Welchen Elternteil das Kind bevorzugt, ist dem HKÜ nachgeschalteten Sorgerechtsverfahren im Herkunftsstaat vorbehalten.

(4) Der Ausschlussgrund des Art. 12 Abs. 2 HKÜ kann vorliegen, wenn der Antrag auf Rückführung erst nach Ablauf eines Jahres nach dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten bei Gericht eingeht (der Eingang bei der Zentralen Behörde reicht nicht) und sich das Kind mittlerweile in seiner neuen Umgebung eingelebt hat. Wurde das Kind widerrechtlich zurückgehalten, beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, ab dem das Kind dem Sorgeberechtigten zurückgegeben werden musste. Ziel des HKÜ ist die sofortige Rückgabe des Kindes zu sichern, damit die Kindesentführung keine praktischen und auch rechtlichen Auswirkungen auf das Sorgerechtsverhältnis entfalten kann. Dieses vorrangige Interesse tritt zurück, wenn die Kindesentführung längere Zeit zurückliegt. Geht also der Antrag nach Ablauf der Jahresfrist ein, so ist die Rückführung des Kindes generell zwar einzuräumen, es sei denn, das Kind hat sich in seiner neuen Umgebung eingelebt. Während vor Ablauf der Jahresfrist dem Kindeswohl damit im Allgemeinen am ehesten durch eine sofortige Rückführung entsprochen wird, kann nach Ablauf der Jahresfrist im Interesse des konkreten Kindeswohls für eine Entscheidung über die Rückführung nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich das Kind in seiner neuen Umgebung bereits eingelebt hat.

(5) Die Rückgabe kann nach dem Ausschlussgrund des Art. 20 HKÜ abgelehnt werden, wenn sie nach den im ersuchten Staat (Zufluchtsstaat) geltenden Grundwerten über den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten unzulässig ist. Es handelt sich um eine Vorbehaltsklausel, die nur ausnahmsweise Anwendung findet . Eine offensichtliche Unvereinbarkeit der Rückführung mit Grundprinzipien des innerstaatlichen Rechts ist nicht ausreichend. Einer Rückgabe des Kindes nach den Vorschriften des HKÜ steht es nicht entgegen, dass im Zufluchtsstaat eine Entscheidung über das Sorgerecht ergangen oder anerkennbar ist; Art. 17 HKÜ. Die Gerichte bzw. Verwaltungsbehörden können jedoch die Entscheidungsgründe solcher sorgerechtlicher Entscheidungen bei der Anwendung des Übereinkommens berücksichtigen.

5. Verfahren nach gerichtlicher Rückführungsentscheidung

Ordnet das Gericht die Rückführung des Kindes an, wird mit der Anordnung gem. § 40 Abs. 2 IntFamRVG nicht die sofortige Vollziehung angeordnet. Vielmehr wird die Entscheidung erst mit Rechtskraft wirksam. Wird gegen die Entscheidung Beschwerde eingelegt, prüft das OLG gem. § 40 Abs. 3 IntFamRVG, ob die sofortige Vollziehung der angefochtenen Entscheidung anzuordnen ist. Bei offensichtlicher Unbegründetheit der Beschwerde oder aber für den Fall, dass die Rückgabe vor Entscheidung über die Beschwerde unter Abwägung aller Interessen der Beteiligten mit dem Kindeswohl vereinbar ist, soll sofortige Vollziehbarkeit angeordnet werden. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens kann die sofortige Vollziehbarkeit gem. § 40 Abs. 3 Satz 3 IntFamRVG wieder abgeändert werden. Gemäß § 44 IntFamRVG erfolgt der Vollzug der Rückführungsentscheidung durch Festsetzung eines Ordnungsmittels, d.h. Ordnungsgeld oder Ordnungshaft. Unabhängig von dem festgelegten Ordnungsmittel kann das Gericht in einer gesonderten Verfügung (§ 44 Abs. 3 IntFamRVG) Gewalt anordnen, nicht aber in den Fällen, in denen die Rückführung der Umsetzung des Umgangsrechts dient. Lehnt das Gericht die Rückführung des Kindes ab, findet gem. § 40 Abs. 2 IntFamRVG nur das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zum OLG statt.

Hatte das Kind unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat der EU (mit Ausnahme Dänemark), so hat das Gericht gem. Art. 11 Abs. 6 EuEheVO dem zuständigen Gericht oder der Zentralen Behörde des Mitgliedstaates, in dem das Kind unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, unverzüglich, direkt oder über die Zentrale Behörde eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung nebst aller Unterlagen einschließlich des Sitzungsprotokolls zu übermitteln. Die vorgenannten Unterlagen müssen dem Gericht ab dem Datum der Entscheidung, die die Rückgabe ablehnt, innerhalb eines Monats vorgelegt werden. Das Gericht, das auf diese Weise die Mitteilung gem. Art. 11 Abs. 6 EuEheVO erhält, hat die Parteien hiervon zu unterrichten und sie einzuladen, binnen drei Monaten ab Zustellung der Mitteilung Anträge gem. dem nationalen Recht bei Gericht einzureichen, damit das Gericht die Frage des Sorgerechts überprüfen kann (Art. 11 Abs. 7e Brüssel EuEheVO). Das auf diese Weise befasste Gericht kann die Entscheidung des Gerichts des Zufluchtsstaates ersetzen, in der die Rückgabe des Kindes nach Art. 13 HKÜ abgelehnt wurde (Art. 11 Abs. 8 EuEheVO). Wird auf diese Weise eine vollstreckbare Entscheidung des Gerichts des Herkunftsstaates getroffen, die die Rückgabe des Kindes anordnet, so ist diese Entscheidung ohne Vollstreckbarerklärung gem. Art. 42 Abs. 2 EuEheVO im anderen Mitgliedsstaat (Zufluchtsstaat) vollstreckbar, wenn im Erlassstaat eine Bescheinigung über die Rückgabeanordnung erteilt wurde.

Bestehen keine Zweifel an der Echtheit der Bescheinigung nach Art. 42 Abs. 2 EuEheVO, so ist die Anfechtung einer Rückgabeentscheidung unzulässig und es steht dem ersuchten Gericht lediglich zu, die Vollstreckbarkeit der betreffenden Entscheidung festzustellen und die sofortige Rückgabe anzuordnen.

Seit dem 01.03.2008 kann der EuGH in einem Eilverfahren entscheiden, wenn ihm ein Ersuchen um Vorabentscheidung über Fragen »zum Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts« vorgelegt wird.  Hierdurch soll vor allem die bestimmten Familiensachen eigene Eilbedürftigkeit berücksichtigt werden, insbesondere bei Entscheidungen über elterliche Sorge betreffende Verfahren nach der EuEheVO  sowie das Zusammenspiel des Rückgabeverfahrens nach dem HKÜ mit dem Sorgerechtsverfahren nach der EuEheVO.

6. Kindesentführungen in Nichtvertragsstaaten des HKÜ

Wird ein Kind widerrechtlich in einen Nichtvertragsstaat des HKÜ verbracht oder dort widerrechtlich zurückgehalten, ist eine Einschaltung ortsansässiger Anwälte geradezu unumgänglich. Das Risiko besteht, dass nach der Rechtsordnung des Entführungsstaates, der nicht Vertragsstaat des HKÜ ist, der betroffene Elternteil kein Sorgerecht oder aber nur ein eingeschränktes Sorgerecht hat, was die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens vor Ort unmöglich machen kann.